Sonntag, 5. Mai 2024

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NÖGKK: Nach Erfolgsjahr drohen unsichere Zeiten

NÖGKK punktet mit Top-Bilanz, 92 Mio. € mehr für Versicherte – doch: Zentralisierungspläne der Regierung bringen Niederösterreich Nachteile

Der Jahresabschluss 2017 der NÖ Gebietskrankenkasse beweist es: „Niederösterreichs Krankenversicherte haben es gut“, sagte heute der Obmann der NÖGKK, Gerhard Hutter, auf der Bilanzpressekonferenz in St. Pölten. „Aber wenn es nach den Plänen der Bundesregierung in Wien geht, könnte das bald vorbei sein“, schränkte Hutter dann gleich wieder ein. „Die 1,2 Millionen NÖGKK-Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen erhielten 2017 um 92 Mio. € mehr an Leistungen als im Jahr zuvor. Gleichzeitig erwirtschaftete die niederösterreichische Krankenkasse einen Überschuss von 31,5 Mio. €, der in Leistungssicherungsrücklagen für Krisensituationen und den Unterstützungsfonds für soziale Härtefälle im Land angelegt wird. Die Bilanz war deshalb ausgeglichen, das Gesamtbudget betrug 2,4 Mrd. €.

Die drei Hauptausgabenbereiche waren auch 2017 neben den Spitälern und der ärztlichen Hilfe die Medikamente. Allein für diese drei Bereiche wurden pro Tag fast 5 Mio. € aufgewendet. Pro Anspruchsberechtigten gab die NÖGKK im Durchschnitt 1.829 € für Leistungen aus. Insgesamt wurden 3,3 Mio. Krankengeldtage verrechnet.

Seit 2009 nur Gewinne erzielt

Die NÖGKK steht finanziell auf gesunden Beinen und erwirtschaftet seit 2009 Gewinne. Gleichzeitig schaffte sie es jedes Jahr, die Versorgung im Land auszubauen, neue Leistungen zu etablieren und medizinische Entwicklungen schnell ihren Versicherten zugänglich zu machen. Der Vorsitzende der NÖGKK-Kontrollversammlung, Komm. Rat Dir. Franz Ehrenleitner, MAS, bestätigte in der Pressekonferenz die positive Bilanz und lobte die kluge, strategische Geschäftsführung: „Die NÖGKK segelt auf einem erfolgreichen Kurs: sowohl finanziell und organisatorisch als auch, was die Zusammenarbeit mit den niederösterreichischen Gesundheitspartnern betrifft. Wo immer es möglich ist, achtete die NÖGKK in den vergangenen Jahren darauf, dass die Aufträge im Land bleiben. Das hilft der heimischen Wirtschaft und sicherte Arbeitsplätze in Niederösterreich“, so Ehrenleitner. „2017 haben wir über 93 Millionen Euro investiert.“

In Zukunft weniger Geld für NÖ Versicherte?

„Die Signale, die uns aus Wien erreichten, sind besorgniserregend“, sagte Gerhard Hutter. „Nach der Zusammenlegung zu einer bundesweiten Zentralkasse stehen uns in Niederösterreich jedes Jahr um 15 Mio. € weniger für die medizinische Versorgung zur Verfügung. Auch die zweckgebundenen Rücklagen der Niederösterreicher in Höhe von 164,1 Mio. € sind in Gefahr. Statt dass sie unserem Land zugutekommen, werden sie von der Zentrale geschluckt“, klagte der Obmann.

„Die Regierung kann diese Reform noch so als Verbesserung verkaufen: Die Pläne zielen darauf ab, die Selbstverwaltung zu schwächen und den Einfluss der Arbeitnehmer zugunsten der Unternehmen zu verschieben und gleichzeitig Einsparungen im Gesundheitswesen durchzudrücken.“ Gerhard Hutter stellte klar, dass die Arbeitnehmer in „ihrer“ Versicherung die Mehrheit in der Selbstverwaltung stellen müssten. Sie zahlen schließlich mehr in die Kasse ein. Einsparungen in Milliardenhöhe seien angesichts der auch im Vergleich zum Ausland geringen Verwaltungskosten ohne eine Rücknahme der Leistungen nicht möglich. „Unsere Versicherten, also die Patienten in Niederösterreich, müssen die Zeche zahlen“, kritisierte Hutter: „Wir stopfen künftig die Löcher in anderen Bundesländern und müssen gleichzeitig Verschlechterungen bei uns im Land in Kauf nehmen. Das ist nicht gerecht!“

Auch die geplante Verschiebung der Beitragsprüfung von der NÖGKK zur Finanz ist dem Obmann ein Dorn im Auge: „Damit werden die Arbeitnehmer und ihre Familien bestraft, denn Krankenkasse und Finanz kontrollieren Firmen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten. Unsere Experten prüfen speziell, ob Arbeitnehmer gemäß dem Kollektivvertrag entlohnt werden und Überstunden, Zulagen sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld auch ja korrekt ausbezahlt bekommen. Also ob sämtliche Ansprüche gewährt werden.“ Davon würde letztlich auch die Pensionshöhe der Betroffenen abhängen, meinte Hutter.

NÖGKK ist regional tief verwurzelt

„Wir wissen, was Niederösterreich braucht und haben unsere Gebietskrankenkasse genau auf Niederösterreich zugeschnitten“, sagte NÖGKK-Generaldirektor Mag. Jan Pazourek. „In unserer Arbeit steckt die Erfahrung aus 70 Jahren. Die NÖGKK ist heute eine Vorzeigekasse und regional tief verwurzelt. Die Versorgung mit Kassenärzten war noch nie so gut wie heute, das regionale Service über unsere 24 Service-Center beispiellos in Österreich. Gleichzeitig ist es uns gelungen, den Verwaltungsaufwand auf 1,9 Prozent des Gesamtaufwands zu drücken. Ein konkurrenzloser Wert“, so Pazourek. Erfahrungen aus Deutschland hätten gezeigt, dass die Zusammenlegung von Krankenkassen den Verwaltungsaufwand erhöht und die Kosten nach oben schnellen lässt. „Die Regierung weiß das“, so der NÖGKK-Generaldirektor. „Deshalb plant sie, ein Drittel aller Stellen abzubauen. Den Versicherten drohen ein Sparprogramm und eine Verschlechterung beim Service. Wird jede dritte Stelle eingespart, heißt das: Service-Center werden schließen müssen. Anders ist das nicht möglich!“

Pazourek verwies darauf, dass die Gebietskrankenkassen ihre Hausaufgaben bereits intern gemacht hätten: „Die Leistungsharmonisierung des Vorjahres hat unseren Versicherten in Niederösterreich eine Entlastung von 12 Mio. € gebracht. Jetzt hat die Regierung vor, Geld aus dem Gesundheitsbereich abzuziehen und die Angebote auf ein Durchschnittsniveau zu drücken.“ Die Folge sei, so Pazourek: „Auf die Arbeitnehmerfamilien Niederösterreichs kommen wieder höhere Selbstkostenbeiträge zu und das NÖGKK-Vorzeigeprogramm im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention ist in Gefahr. Außerdem wird wohl die Ärztedichte sinken. Regionen in Randlagen und strukturschwachen Gebieten werden die Regierungspläne bald schmerzlich zu spüren bekommen.“ Das Waldviertel verfügt über die höchste Ärztedichte pro Einwohner in ganz Österreich. Würde die hausärztliche Versorgung im Nordwesten Niederösterreichs auf den bundesweiten Durchschnitt gesenkt, gäbe es dort bald 20 Hausärzte weniger. „Die Zentralkasse plant die Versorgung am grünen Tisch und fährt überall mit dem Rasenmäher drüber. Im Waldviertel würde damit jede vierte Hausarztplanstelle wegrationalisiert“, prognostizierte Pazourek.

Soziales Engagement war der NÖGKK stets ein besonderes Anliegen. Mit Hilfe des Unterstützungsfonds war es bisher möglich, Patienten in Notlagen finanziell zu unterstützen. „Damit wird bald Schluss sein“, klagte Jan Pazourek. „Wir können nach der Zusammenlegung keinen sozialen Härtefällen mehr helfen. Uns sind die Hände gebunden! Die Regierungspläne sehen vor, dass wir die für Niederösterreich angesparten Rücklagen an die Bundeszentrale abliefern müssen. Die Menschen werden zu einer Nummer degradiert, und die Krankenkasse verliert ihre Menschlichkeit. Das können wir so nicht hinnehmen!“

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