Bildungsministerin Hammerschmid: „Ganztagsschule und Autonomiepaket als Herzstücke der Bildungsreform“
„Wir haben uns für dieses Jahr viel vorgenommen in der Bildungspolitik. Beim Herzstück der Bildungsreform, dem Autonomiepaket, sind wir gerade mitten in den Verhandlungen – noch dieses Jahr sollen die ersten Schulen von den pädagogischen Freiräumen profitieren. Ein weiter Schwerpunkt ist digitale Bildung: Wir müssen unseren SchülerInnen das Wissen mitgeben, wie sie mit digitalen Werkzeugen und Inhalten umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Ausbau der Ganztagsschule: Das Paket wurde noch im vergangenen Jahr beschlossen, jetzt geht es darum, alle Bildungspartner gut zu informieren und vorzubereiten“, erklärte Bildungsministerin Dr. Sonja Hammerschmid heute im Rahmen einer Pressekonferenz mit SPÖ NÖ Landesparteivorsitzendem Mag. Matthias Stadler in St. Pölten.
Ab dem kommenden Schuljahr werden – zusätzlich zu den bestehenden Maßnahmen (15a-Verträge) – 750 Mio. Euro in den Ausbau von ganztägigen Schulformen investiert. Bis 2025 soll so das ganztägige Angebot von derzeit 20 Prozent auf 40 Prozent verdoppelt werden. Jede/r SchülerIn soll bis 2025 im Umkreis von 20 km zum Wohnort einen Platz in einer Ganztagsschule finden.
Erst PISA habe uns wieder gezeigt, dass wir eine Systemänderung bräuchten, sagt Hammerschmid: „Wir müssen Problemlösungskompetenz, Teamfähigkeit, queres, fächerübergreifendes Denken vermitteln. Wir brauchen Schulen, die die Neugierde der Kinder weckt, ihre Freude am Lernen unterstützt und individuell mit allen ihren Stärken und Schwächen arbeitet. Wir müssen aber auch für unsere LehrerInnen Schulen schaffen, in denen sie motiviert an die Arbeit gehen können. Dazu brauchen unsere Schulen Zeit – hier kommt die Ganztagsschule zum Tragen – und Freiheit, die das Autonomiepaket bringen wird.“
„Ganztagsschulen haben sich international bewährt und viele Vorteile, wie z.B. bessere Bildungschancen, deutliche Reduktion der teuren Nachhilfe sowie bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Außerdem bleibt mehr Zeit für ein Familienleben, Zeit für Spielen und Spaß, weil das Lernen bereits in der Schule stattgefunden hat“, sagt Stadler, dem es wichtig ist, klar zu machen, dass die ganztägige Schulform nicht verpflichtend für alle gilt, aber ein notwendiges Angebot für viele Eltern und Kindern sein soll. Es sei notwendig, neue Wege zu gehen, erklärt Stadler: „Dazu gehört der flächendeckende Ausbau der Ganztagsschulen ebenso wie unser Modell des Bildungscampus, der ebenfalls auf eine optimale Förderung und Unterstützung der Kinder abzielt.“ In vielen NÖ Gemeinden ist die Schaffung eines Bildungscampus oft nicht möglich. Hier plädiert die SPÖ NÖ für die institutionsübergreifende oder auch gemeindeübergreifende Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen.
„Neben der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Standorten soll es auch eine kontinuierliche Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Familie und Schule betreffend der Bildung der Kinder geben. Der Vorteil ist, dass die Kinder an den Nahtstellen einen sanfteren Übergang haben – sie können individuell gefördert und unterstützt werden, zudem gehen Informationen beim Wechsel in die nächste Bildungseinrichtung nicht verloren. Aber auch die gemeinsame Planung von Zielen und Maßnahmen bringt einen effizienten Einsatz der Ressourcen – sowohl finanziell als auch personell. Die Vorteile eines Bildungscampus verbunden mit der hohen Qualität einer verschränkten, ganztägigen Schule sind auf die Leistungsfähigkeit und die Talente der Kinder zugeschnitten, machen aber auch bestmögliches Fördern und Fordern realisierbar.“
Mit dabei bei der Pressekonferenz war auch Michael Kögl, der die Otto-Glöckel-Schule in St. Pölten absolvierte – gemeinsam mit der ASO Nord die erste verschränkte Ganztagsschule in Niederösterreich, die 1983 mit einem Schulversuch startete. „Ich habe die verschränkte Ganztagsschule selbst als Schüler kennengelernt – und würde es jedem empfehlen. Wenn Unterricht in kleinere Portionen zerteilt wird oder projektbezogen auch einmal länger an einem Thema gearbeitet werden kann, Übungen in der Schule statt zu Hause passieren und zudem Kinder auch einfach Kind sein dürfen, während sie in der Schule sind, dann ist das ein großer Wurf“, sagt Kögl: „Erst später wurde mir klar, dass es für die Ganztagsschule auch andere gute Gründe gibt. Zum Beispiel, dass beide Eltern arbeiten müssen und trotzdem sicherstellen wollen, dass ihr Kind gut betreut ist, bis sie Zeit haben. Oder, dass es nur einen Elternteil gibt, der sich um das Kind kümmert und trotzdem Vollzeit arbeiten muss. Oder weil es daheim nicht die Möglichkeit gibt, sich um die Hausübungen der Kinder zu kümmern. Dabei ist aber die Verschränkung das Zauberwort, das den Unterschied zu einer Regelschule mit Nachmittagsbetreuung ausmacht. Unterricht findet dort nämlich nicht nur am Vormittag statt, sondern eben auch am Nachmittag. Und wenn Kinder die Möglichkeit brauchen, eine Pause einzulegen, ist trotzdem Zeit vorhanden, alles unterzubringen, ohne Stress zu entwickeln, ebenso wie für Zusatzangebote oder die Förderung von Stärken beziehungsweise das Ausbügeln von Schwächen. Mehrere Dinge sind dafür essentiell: Schulen, die als Lebensräume ausgelegt sind und so genutzt werden können, also mit Platz zum Lernen, zum Spielen, um Ruhe zu haben oder sich auszutoben. LehrerInnen, die bereit sind, Schule als ihren Arbeitsplatz zu begreifen, an dem sie auch abseits der Klasse arbeiten und dazu auch die Möglichkeiten vorfinden. Und zu guter Letzt eine Finanzierung, die das möglich macht.“