Donnerstag, 28. März 2024

Verlässlich, kompetent, unkompliziert…

Lebensmittel direkt beim Bauern einkaufen

Alternative Vermarktungswege verbinden bäuerliche Betriebe mit Konsumentinnen und Konsumenten

Ein Großteil der Lebensmittel wird in Österreich über den klassischen Weg Produzent – Verarbeiter – Handel abgesetzt. Daneben gewinnen aber gerade in den letzten Jahren alternative Vermarktungswege wie die Direktvermarktung über Hofladen und Bauernmärkte aber auch organisierte Einkaufsgemeinschaften, auch bekannt als Foodcoops, an Bedeutung. Am landwirtschaftlichen Betrieb werden dabei die Lebensmittel nicht nur produziert, sondern auch verarbeitet und vermarktet. Dies bedeutet mehr Wertschöpfung, vor allem aber wieder einen engeren Kontakt zu den Konsumentinnen und Konsumenten.

Einzelhandel wird in Österreich von wenigen Unternehmen dominiert

In Österreich werden über 80 Prozent des Lebensmittel-Einzelhandels von den drei großen Einzelhandelsfirmen Spar, REWE und Hofer abgewickelt. Dem gegenüber stehen eine große Anzahl von bäuerlichen Produzenten und Lebensmittelverarbeitern. Die Verhandlungsmacht liegt bei diesem klassischen Vermarktungsweg agrarischer Produkte daher stark auf der Seite der Handelsfirmen. „Seitens der Landwirtschaft sind wir stets um ein gutes Einvernehmen mit dem Handel bemüht, da diese Vermarktungsschiene natürlich das Rückgrat der Lebensmittelversorgung in Österreich bildet und der Großteil der bäuerlichen Betriebe auf diesem Weg ihre Produkte absetzt. Klar ist aber auch, dass in diesem Segment hart verhandelt wird und die bäuerlichen Produzenten auf eine effiziente und kostenoptimierte Produktion achten müssen. Gerade durch die verstärkte Etablierung von Eigenmarken werden Bauern, aber auch Verarbeitungsbetriebe bis zu einem gewissen Grad auch austauschbar und geraten dadurch in eine schwierige Verhandlungsposition“, erläutert ÖR Ing. Franz Reisecker, Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreich.

Direktvermarktung wird von Konsumenten und bäuerlichen Betrieben „neu“ entdeckt
Für viele landwirtschaftliche Betriebe bildet die Direktvermarktung eine Möglichkeit, die eigenen Produkte direkt an die Konsumentinnen und Konsumenten zu vermarkten und damit einen höheren Preis zu erzielen. Einer Erhebung von KeyQuest aus dem Jahr 2016 zufolge vermarkten rund 27 Prozent der österreichischen Landwirte, das sind rund 36.000 Betriebe, einen Teil ihrer Produkte selbst. Bei rund 17.000 Betrieben trägt die Direktvermarktung sogar mehr als die Hälfte zum gesamten Einkommen bei. Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich unterstützt die Direktvermarkter durch angepasste Beratungsangebote und hat als Basis dieser Beratungsarbeit bereits rund 2117 Betriebe in einer freiwilligen Direktvermarkter-Datenbank erfasst. Insgesamt ist allein in Oberösterreich von rund 3000 Betrieben auszugehen, die einen substanziellen Teil ihres Einkommens aus dem direkten Verkauf an die Endverbraucher erwirtschaften. „Direktvermarktung bietet mittlerweile sehr vielen Betrieben die Möglichkeit, den Betrieb breiter aufzustellen und Arbeitsplätze am Hof zu erhalten oder wieder zu etablieren. Da durch die hofeigene Verarbeitung und Vermarktung eine höhere Wertschöpfung erzielt wird, können auch kleinere Betriebe im Vollerwerb wirtschaften. Klar ist aber auch, dass die höhere Arbeitsbelastung und der Kundenkontakt auch Herausforderungen darstellen und die Direktvermarktung nicht für jeden Betrieb eine sinnvolle Alternative bietet. Durch die Beratungsangebote der Landwirtschaftskammer unterstützen wir alle interessierten Bäuerinnen und Bauern, das für sie passende Konzept zu finden“, so Präsident Reisecker.

AB-HOF Verkauf weiterhin der bedeutendste Vertriebsweg

Die in der Datenbank erfassten 2117 bäuerlichen Direktvermarkter nutzen bereits jetzt eine breite Palette an Vertriebswegen. Rund 80 Prozent der Betriebe betreiben weiterhin den klassischen AB-HOF Verkauf, also den direkten Verkauf an Kunden am Betrieb. Zu beobachten ist, dass der Vertrieb über Einzelhandel und Gastronomie leicht im Steigen ist. Versand und Internetbestellung stellen mit derzeit 19,8 Prozent ebenfalls einen wichtigen Vertriebsweg dar. Direktvermarkter haben in der Regel mehrere Vertriebswege.

Trend zur Regionalität stärkt die direkte Vermarktung von Lebensmitteln

Der aktuell starke Trend zur Regionalität und das erhöhte Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten an der Herkunft ihrer Lebensmittel fördern die Direktvermarktung. Dazu Präsident Reisecker: “Der Einkauf direkt im Hofladen oder auf dem Bauernmarkt ist immer auch ein Erlebnis und man erfährt aus erster Hand wie die Lebensmittel produziert werden. Das stärkt das Verständnis für und das Vertrauen in die Landwirtschaft. Interessanterweise zeichnet sich in der Direktvermarktung auch kein klarer Trend Richtung biologischer oder konventioneller Landwirtschaft ab. Den Konsumentinnen und Konsumenten ist vielmehr wichtig, den direkten Kontakt zum bäuerlichen Betrieb zu haben und aus erster Hand zu erfahren, wie qualitätsbewusst und sorgfältig auf den heimischen Höfen produziert wird.“

Direktvermarkter im Internet finden

Wer es gerne „bunt“ und „gsund“ hat und zusätzlich garantierte heimische Qualität sucht, ist bei den 348 Oberösterreichischen Mitgliedsbetrieben von „Gutes vom Bauernhof“ genau richtig. Unter www.gutesvombauernhof.at können Direktvermarkter nach Bezirk, Produkt und zusätzlich nach prämierten Produkten oder Vertriebswegen gesucht werden.

Ein besonders umfassendes Angebot bietet auch das Schmankerl-Navi – die digitale Einkaufs- und Einkehrlösung.

Mit dem Schmankerl-Navi können österreichweit

  • 1.400 Ab-Hof-Betriebe & Bauernläden – davon 190 BIO-Treffer und 170 GenussKrone-Betriebe
  • 175 Buschenschänken
  • 380 Märkte – Bauern-/ Wochenmärkte
  • 80 Bauernregale im Lebensmitteleinzelhandel
  • 1.160 AMA-Gastrosiegel Wirtshäuser
  • 2.200 Urlaub am Bauernhof Betriebe

bequem mittels Handy-App „aufgespürt“ werden. Gratis Download unter www.gutesvombauernhof.at/oesterreich/app.html#content_top

Internet bietet neue Möglichkeiten der Lebensmittelversorgung

Die Kommunikationsmöglichkeiten des Internets haben den Kontakt zwischen den Lebensmittelproduzenten und den Konsumentinnen und Konsumenten entschieden vereinfacht. Gerade in den letzten Jahren sind viele Plattformen entstanden, die gemeinschaftliche Bestellungen bei bäuerlichen Betrieben organisieren und dadurch den Aufwand für die Verbraucher verringern. Alleine in Oberösterreich gibt es geschätzt mehr als 30 Foodcoops, die meist von engagierten Privatpersonen getragen werden. Oberösterreich hat im Bundesvergleich ein sehr dichtes Netz an diesen Initiativen. Dabei werden wöchentliche Bestellungen bei direktvermarktenden Bauern gemacht, diese Lebensmittel dann an einem zentralen Ort angeliefert und auf alle Teilnehmenden je nach Bestellung aufgeteilt. Auf diese Weise kann die gesamte Produktpalette verschiedener bäuerlicher Produzenten genutzt werden, ohne einzelne Betriebe anzufahren. Die Produzenten können ihrerseits größere Bestellungen entgegennehmen und erreichen auch Personen, die nicht direkt auf den Hof oder auf Bauernmärkte kommen. „Foodcoops stärken den Bezug der Konsumentinnen und Konsumenten zur bäuerlichen Lebensmittelproduktion und bieten den Produzenten einen stabilen Absatzweg. Der unmittelbare Kontakt zeigt klar auf, dass es schlussendlich die Kaufentscheidungen sind, die über die Art und Weise der Produktion in der Landwirtschaft entscheiden“, zeigt sich Präsident Reisecker über diese neue Form der Lebensmittelvermarktung erfreut. Ein recht dichtes Netz an Abgabestellen besonders im oberösterreichischen Zentralraum und ein komfortables Bestellsystem über das Internet bietet beispielsweise der Verein Netswerk an derzeit 11 Standorten an: www.netswerk.at. Weitere Foodcoops und Wissenswertes rund um Foodcoops sind unter folgender Adresse zu finden: www.foodcoops.at/category/foodcoops_austria/

Lebensmittel-Nahversorgung durch den Verein bauern.laden.ein in Alberndorf

Die Nahversorgung mit regionalen Lebensmittel in Form einer Foodcoop wurde 2017 auch von Landwirten in Alberndorf mit dem Verein bauern.laden.ein (www.bauernladenein.at) ins Leben gerufen. Obmann Jakob Aufreiter erläutert die Motivation zur Vereinsgründung: “Als direktvermarktender Betrieb bin ich selbst schon oft auf Foodcoops und andere derartige Vermarktungsschienen aufmerksam geworden. Auch in der Ortsbauernschaft wurde schon öfter darüber diskutiert, eine gemeinsame Vermarktungsschiene zu starten. Ausschlaggebend war dann die Unterstützung durch die Gemeinde und das Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten. Bei einer ersten Infoveranstaltung kamen gleich rund 100 Interessierte. Danach fand sich ein Vorstand aus Konsumenten und Landwirten und der Verein wurde gegründet. Mittlerweile können auf unserer Homepage fast alle Lebensmittelgruppen von Brot über Fleisch bis hin zu Milchprodukten und Gemüse bestellt werden.“

Online-Bestellsystem ermöglich unkomplizierte Abwicklung

Für die Konsumentinnen und Konsumenten bietet bauern.laden.ein die Möglichkeit, Lebensmittel verschiedener Produzenten gesammelt einzukaufen und dadurch die gesamte Palette an Lebensmitteln zur Verfügung zu haben. Aber auch die beteiligten Landwirte profitieren von der unkomplizierten Online-Abwicklung. Dazu Obmann Aufreiter: “Nach der Vereinsgründung haben wir uns schnell dazu entschieden, ein Online-Bestellsystem zu nutzen. Glücklicherweise gibt es bereits eine in Oberösterreich entwickelte Software-Lösung, die bei mehreren Foodcoops im Einsatz ist. Das Bestellen funktioniert sehr einfach. Man muss zuerst unserem Verein kostenlos beitreten, sich auf der Homepage anmelden und ein Startguthaben einzahlen. Jede Woche kann dann bis Dienstag um Mitternacht bestellt werden. Am Freitag sind die Bestellungen fix fertig ab 16 Uhr bereit zur Abholung. Dieses System bietet auch Planungssicherheit für die Landwirte, da sie von Mittwochmorgen bis Freitag Zeit haben, ihre Waren entsprechend vorzubereiten und immer exakt wissen, welche Menge nachgefragt wird. Auch verderbliche Waren wie Obst und Gemüse werden genau nach Bedarf geliefert und es muss nichts weggeworfen werden. Die Abrechnung übernimmt ebenfalls die Software und der Landwirt bekommt sein Geld automatisch überwiesen. Auch hier haben wir durchwegs positive Rückmeldungen bis jetzt.“

Wachsende Mitgliederzahlen zeigen die positive Entwicklung des Vereins

Der Verein bauern.laden.ein besteht mittlerweile ein halbes Jahr. Die ersten Erfahrungen sind durchwegs positiv, führt Obmann Aufreiter aus: „Unsere Kunden sind durchwegs zufrieden, sie schätzten die heimischen und biologischen Produkte aber auch die Unkompliziertheit des Bestellens und die gemütliche Atmosphäre beim Abholen. Wir haben rund 150 aktive Mitglieder, von denen die Hälfte auch wöchentlich bestellt. Die Nachfrage ist nach wie vor vorhanden und die Zahl der Mitglieder steigt stetig. Wir versuchen aber auch ständig unsere Produktpalette zu erweitern, was ganz im Sinne unserer Kunden ist.“

Betriebsvorstellung Bio-Kräuterhof Aufreiter

Jakob Aufreiter bewirtschaftet gemeinsam mit seinen Eltern einen biologisch geführten Betrieb mit 35 Hektar Acker, 6 Hektar Wiesen und 7 Hektar Wald inklusive Pachtflächen. Hauptsächlich werden Kräuter und Gewürze, aber auch Dinkel und Buchweizen angebaut.
Die Ernte wird zum größeren Teil über Handelspartner wie Sonnentor oder auch den Apotheken-Großhandel vermarktet. Ein Teil geht aber auch in die Direktvermarktung, wofür die Kräuter zu hochwertigen Tees und Gewürzmischungen veredelt werden. Um die eigenen Produkte zu verkaufen, werden vielseitige Vertriebswege wie ein eigener Onlineshop, Wiederverkäufer und Hofladen bis hin zu einigen Weihnachtsmärkten genutzt. Dabei ist Jakob Aufreiter auch das erste Mal mit Foodcoops in Berührung gekommen.

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